"Unter Grundlagenforschung versteht die Kommission eine Erweiterung der wissenschaftlichen und technischen Kenntnisse, die nicht auf industrielle oder kommerzielle Ziele ausgerichtet sind."
So die Definition der EU im
Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften,
Nr. C45/14 vom 17.02.1996 (pdf-file).
In praxi ist die Grenze zwischen Angewandter Forschung und Grundlagenforschung
fließend. Dies gilt auch für eine der jüngsten Abteilungen des ZKM,
dem Institut für Grundlagenforschung. Das Institut wurde
im Juli 1999 gegründet.
Die Forschungsaktivitäten des Instituts konzentrieren sich auf Untersuchungen
von komplexen Systemen. Obwohl es noch immer keine präzise Definition
für Komplexität gibt, hat man dennoch eine klare Vorstellung davon, welche
Charakteristika einem komplexen System zugeordnet werden sollen.
Im Speziellen hat man z.B. mit Multi-Kompartment-Systemen zu tun, deren Teile
oftmals nichtlinear miteinander wechselwirken, was bisweilen zu chaotischem
Verhalten führt. Ausserdem sieht man sich in Systemen, die einen Einfluss
intelligenter Wesen beinhalten, dem Problem der beschränkten Rationalität
ausgesetzt. Um solche Systeme adäquat zu beschreiben, muss man möglichst
die internen Zustände der Agenten mit berücksichtigen.
Mit anderen Worten,
eine angemessene Analyse von komplexen Systemen, die den Beobachter enthalten,
schließt psychophysikalische Modelle zur Kognition und zu anderen physiologischen
Prozessen ein. Die von uns benutzten Methoden sind neuronale Netzwerke und
dynamisch adaptive kognitive Systeme, die teilweise in unserer Abteilung entwickelt wurden.
Die theoretische Beschreibung der oben erwähnten Systeme wird flankiert durch
experimentelle Untersuchungen. Ein vielversprechendes experimentelles Werkzeug
stellt die Bio-Feedback-Methode dar. Wir benutzen diese Methode, um Einblick in
die Neuro-Ästhetik zu erhalten. Letztere scheint große Bedeutung im Bezug
auf Entscheidungsprozesse zu haben. Schließlich erwarten wir auch einen
innovativen technischen spin-off innerhalb des Gebiets der kreativen kognitiven
Systeme, die man z.B. als Steuerungseinheiten für Roboter oder in agentenbasierten
Systemen verwenden kann.
Die Entwicklung "künstlicher" intelligenter Systeme provoziert zwangsläufig eine Diskussion von philosophischer bzw. erkenntnistheoretischer Tragweite, insbesondere, wenn damit explizit "natürliche" intelligente Systeme modelliert oder gar überboten (Post-Humanismus) werden sollen. Fragestellungen dieser Art, sowie erkenntnistheoretische Untersuchungen bei der sinnlichen Umsetzung von wissenschaftlichen Inhalten (Visualisierung, Vertonung, ... ), sind Forschungsgegenstände des Instituts.
Für die Grundlagenforschung,
Karlsruhe, im März 2002,
Hans H. Diebner
|