ZKM | Zentrum für Kunst und Medientechnologie
Institut für Grundlagenforschung

ZKM

Podiumsdiskussion

Eine Podiumsdiskussion mit

Karl von Meyenn

Hans-Jörg Rheinberger

Nils Röller

Peter Weibel

24. Januar 2003
ZKM | Kubus 19:00 Uhr
Eintritt frei
Eine Veranstaltung der ZKM | Grundlagenforschung

Milieus der Zeit - Vertraut und fremd zugleich

Die Veranstaltung diskutiert das Verhältnis von Naturwissenschaft und Kultur aus der Perspektive der Wissenschaftsgeschichte, die Parallelen zwischen Kunst und Wissenschaft auf der Suche nach Determinanten der wissenschaftlichen Praxis feststellt. Befragt wird die Vermutung, dass Medien zwischen den Wissenspraxen der Naturwissenschaft und der Öffentlichkeit vermitteln. Karl von Meyenn stellt die Ansprache des Physikers Erwin Schrödinger vor, der 1932 fragte: "Ist die Naturwissenschaft milieubedingt?". Schrödinger diskutiert in der Rede Parallelen zwischen der Kunst der "reinen Sachlichkeit" und der Quantentheorie und thematisiert damit Wechselwirkungen zwischen gesellschaftlichen Trendenzen und erkenntnistheoretischen Fragen nach Statistik und Kausalität. Hans-Jörg Rheinberger stellt Parallelen zwischen künstlerischer Praxis und wissenschaftlicher Experimentaltechnik vor dem Hintergrund einer Detailstudie fest, in der er die Laborpraxis von Biochemikern am Massachusetts General Hospital im Zeitraum von 1953 bis 1963 untersuchte. In der Serie von Artikeln "Ökonomien des Dazwischen" stellt Nils Röller Gestalter wie Charles Wilp und Bruce Mau vor, die Diskrepanzen zwischen lokalen Wissenskulturen und der Öffentlichkeit für ihre Produktion zu nutzen verstehen. Damit sind allgemeine Fragen zur Zeit verbunden. Erstens: ob ein bestimmtes Milieu durch übergreifende wissenschaftliche Standards oder durch ein Bündel von Zeitpraxen aus Alltags- und Berufsverpflichtungen zur Kommunikation (öffentliche Vorträge, Radiosendungen und Publikation in Fachzeitschriften) definiert wird. Zweitens: Wie verhalten sich lokale wissenschaftliche Gewohnheiten zu übergreifenden Tendenzen wie der Beschleunigung, deren kritisches Potential Peter Weibels Buch "Die Beschleunigung der Bilder-In der Chronokratie" 1987 thematisiert? Drittens: Welche Chancen liegen im künstlerischen und im wissenschaftlichen Umgang mit der Zeit?

Die Teilnehmer:

Karl von Meyenn: Wissenschaftshistoriker und Herausgeber der Pauli-Briefedition. Seit Januar 2001 wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Abteilung für Theoretische Physik der Universität Ulm. Veröffentlichte u.a.: (Hg.) Quantenmechanik und Weimarer Republik. Facetten der Physik. Braunschweig 1994: Vieweg; (Hg.) Die Großen Physiker. München 1997: Beck; (Hg.) Wolfang Pauli: Wissenschaftlicher Briefwechsel mit Bohr, Einstein, Heisenberg u.a. Berlin 1985ff: Springer.

Hans-Jörg Rheinberger: Molekukarbiologe und Wissenschaftshistoriker. Seit 1997 Direktor des Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte in Berlin. Veröffentlichte u.a.: Experimentalsysteme und epistemische Dinge Eine Geschichte der Proteinsynthese im Reagenzglas. Göttingen 2001: Wallenstein Verlag; (Hg. mit Michael Hagner und Bettina Wahrig-Schmidt): Räume des Wissens. Berlin 1997: Akademie Verlag.

Nils Röller: Medientheoretiker. Seit Juni 2002 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Grundlagenforschung des ZKM. Veröffentlichte u.a.: Medientheorie im epistemischen Übergang - Hermann Weyls Philosophie der Mathematik und Naturwissenschaft und Ernst Cassirers Philosophie der symbolischen Formen. Weimar 2002: Verlag und Datenbanken für Geisteswissenschaften.

Peter Weibel: Medientheoretiker und Künstler. Seit 1999 Vorstand des Zentrums für Kunst und Medientechnologie in Karlsruhe. Veröffentlichte u.a.: Die Beschleunigung der Bilder - In der Chronokratie. Bern 1987: Benteli; ( Hg. mit Bruno Latour): Iconclash - Jenseits der Bilderkriege in Wissenschaft, Religion und Kunst. Cambridge, Mass. 2002: MIT Press.